top of page
Carmen_Köhler_Inigo_Munoz_Elorza_AMADEE18_1©OeWF_Florian_Voggeneder.JPG

Analog-Astronautin:

Mars-Missionen auf der Erde

Vom Kaunertaler Gletscher bis in die Wüste des Omans – Analog-Astronautin Dr. Carmen Köhler bereist aufregende Orte, häufig unter extremen Bedingungen. Für das Österreichische Weltraum Forum (ÖWF) arbeitet sie in einer hochqualifizierten interdisziplinären Crew in Gebieten, die geologisch und topografisch dem Mars ähneln. Das Ziel: Auf sogenannten „Mars-Simulationen“ führen Analog-Astronaut*innen wie Carmen Köhler Experimente unterschiedlicher Bereiche durch, um so zukünftige Weltraum-Missionen möglichst authentisch vorzubereiten. Für die nächste Mission „AMADEE-24“ reist Carmen Köhler nach Armenien. Im Interview berichtet sie von bisherigen Abenteuern als Analog-Astronautin, der kommenden Mission in Armenien und dem Traum vom Mond.

Carmen_Köhler_AMADEE18_5©OeWF_Florian_Voggeneder.JPG

Dein Traum ist es, zum Mond zu fliegen.

Woher kommt die Faszination für Astronaut*innen

und Raumfahrt?

 

Das hat schon in der Kindheit angefangen. Damals haben meine Mutter und ich Serien wie MacGyver und Raumschiff Enterprise gesehen, und damit war mein Interesse für Abenteuer, insbesondere Weltraumabenteuer, geweckt. Besonders fasziniert mich der Mond.  Wer sich auf dem Mond befindet, steht zwar auf einem anderen Himmelskörper, kann dabei aber unsere blaue Erde in ihrer Zerbrechlichkeit im ansonsten „schwarzen“ Weltall bewundern. Die Mondlandung war außerdem ein historisches Erlebnis in der Geschichte der Raumfahrt und hat gezeigt, es ist möglich. Ehrlich gesagt, hat der Anblick mich das eine oder andere Mal schon zu Tränen gerührt.

Inzwischen bist du deinen Träumen ein ganzes Stück nähergekommen und leistest als Analog-Astronautin einen wichtigen Beitrag für spätere Weltraummissionen. Das war ein langer Weg.

 

Lang, aber auch sehr spannend! Nach der Schule wollte ich zunächst Maskenbildnerin werden und habe dafür zunächst eine Ausbildung zur Friseurin gemacht. Hin und wieder habe ich einem Mathematik-Dozenten die Haare geschnitten. In unseren Gesprächen kamen wir auf meine Leidenschaft für Naturwissenschaften zu sprechen, und schließlich ermutigten er und weitere Personen in meinem Umfeld mich zum Mathematik-Studium, gefolgt von meiner Promotion in Physik.

 

Und wie ging es dann weiter?

 

In 2014 habe ich mich beim Österreichischen Weltraumforum (ÖWF) als Analog-Astronautin beworben. Der Prozess ist, wie auch bei der Auswahl von Raumfahrer*innen, recht umfangreich und besteht unter anderem aus mehr als 600 Tests sowie detaillierten medizinischen und psychologischen Untersuchungen. Wer die Voraussetzungen erfüllt durchläuft ein intensives Training, das aus Vorträgen, praktischen Übungen im Raumanzug und im Gelände besteht. Auch ein Coaching zur Stärkung unserer körperlichen Fitness ist Teil der Ausbildung zur Analog-Astronautin.

 

Und ist ein Studium der Naturwissenschaften immer die Grundlage für den Beruf von Analog-Astronaut*innen und Raumfahrer*innen?

 

Im Prinzip hilft ein Studium in der Naturwissenschaft oder Medizin, wobei es wie gesagt auch auf viele weitere Kompetenzen und Eigenschaften ankommt. Neben dem besagten Hochschulabschluss in einem naturwissenschaftlichen Fach, einer Ingenieurwissenschaft oder in der Medizin sowie einigen Jahre Berufserfahrung können auch Flugerfahrung als Pilot*in, Kenntnisse im Tiefseetauchen oder auch Fallschirmspringen helfen, da sie Astronaut*innen auf die Gegebenheiten im Weltraum vorbereiten.

 

 

Deine erste Mission als Analog-Astronautin hat dich auf den Kaunertaler Gletscher geführt, für deine vierte Expedition geht es ins armenische Hochland. Was verbindet diese Regionen mit dem Mars?

 

Die Teststandorte werden aufgrund ihrer geologischen und topografischen Ähnlichkeit mit dem Mars ausgewählt. Vor Ort können Analog-Astronautinnen und -Astronauten unter möglichst authentischen Bedingungen im Raumanzugsimulator jene Experimente und Abläufe testen, die Raumfahrer*innen später auf dem Mars vornehmen. So können wir früh Herausforderungen ermitteln, die beispielsweise mit der naturgetreuen Zeitverzögerung in der Kommunikation auftreten, und entsprechende Vorkehrungen treffen.

 

Und wie sehen die Experimente und Tests, die Analog-Astronaut*innen durchführen, konkret aus?

 

Das fängt mit scheinbar banalen Tätigkeiten an, die es aber in sich haben. Ein Raumanzug zum Beispiel wiegt etwa fünfzig Kilogramm, und damit können selbst die einfachsten Abläufe für Astronautinnen und Astronauten eine echte Herausforderung werden. Da muss jede einzelne Bewegung vorbereitet sein. Aber auch den Einsatz von spezifischem Equipment testen wir. In Armenien wollen wir beispielsweise ein multi-sensor-basiertes Helikoptersystem zur Luftaufklärung von interessanten Geländepunkten oder autonomen Geländekartierungen testen.

 

Was sind die größten Herausforderungen bei diesen Missionen? Worauf sollten Astronaut*innen also vorbereitet sein?

 

Natürlich arbeiten Astronaut*innen unter einer Vielzahl extremer Bedingungen. Eine Komponente, die dabei vielleicht unterschätzt wird, ist die Isolation. Mehrere Wochen oder länger nicht nur von Familie und Freunden getrennt zu sein, sondern auch von jenen Bedingungen, an die wir von Kindesbeinen an gewöhnt sind – etwa draußen herumzuspazieren und frische Luft einzuatmen – das kann im Zusammenhang mit dem zu erwartenden Schlafmangel an die Substanz gehen und erfordert psychische Stabilität. Deshalb machen wir als Analog-Astronautinnen und -Astronauten auch Experimente rund um die menschliche Psyche in der Isolation.

„Die Teststandorte werden aufgrund ihrer
geologischen und topografischen Ähnlichkeit
mit dem Mars ausgewählt.“

„Wir können früh Herausforderungen ermitteln,
die beispielsweise mit der naturgetreuen Zeitverzögerung in der Kommunikation auftreten, und entsprechende Vorkehrungen treffen.“

bottom of page